Statement des Orga-Teams der Sex Workers un.conference 2021
Wir sind das Orga-Team der diesjährigen Sex Workers un.conference, einem unabhängigen Treffen zum Ideen- und Erfahrungsaustausch unter Sexarbeitenden am 13. und 14. November 2021 in Berlin.
Die meisten Sexarbeiter*innen gehören oft mehr als nur einer marginalisierten Community zugleich an:
Migrant*innen aus Ländern der ganzen Welt, in denen sie zum Ziel von Xenophobie werden: Black, Indigene und People of Color, die Betroffene rassistischer Attacken und Übergriffe sind;
Trans* und Queers werden aufgrund ihrer Genderidentität, Beziehungen und Lebensweise queer- und transfeindlich diskriminiert;
Behinderte Menschen sind Ableismus und gesellschaftlichen Ausschlüssen ausgesetzt.
Die extreme Rechte ist politisch unauflösbar mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und reaktionären Bewegungen verbunden, die sich gegen all diese Personengruppen wenden und so eine existentielle Bedrohung für die Leben und Lebensrealitäten unserer Kolleg*innen mit den verschiedensten Identitäten und Hintergründen darstellen.
Wir wollen die Sex Workers un.conference zu einem safer space für eben diese Kolleg*innen machen, der auf Respekt, Toleranz und der Bereitschaft jeder Teilnehmer*in gründet, sich aktiv und persönlich für genau so einen safer space einzusetzen.
Wir haben uns als Orga-Team entschieden, Rassismus, Sexismus oder diskriminierendes Verhalten nicht zu tolerieren.
Dazu haben wir eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen:
Diverses Orga-Team
Wir halten es für zentral, Personen zu zentrieren, die unter Diskriminierungen leiden. Obwohl wir uns den selben Harsuforderungen stellen müssen wie andere von Sexarbeitenden gestellte Gruppen, vor allem aus Ländern mit einem Modell der Kriminalisierung, stellen wir marginalisierte Sexarbeiter*innen in unseren Entscheidungsprozessen in den Mittelpunkt.
Awareness Team
Während des gesamten Events wird ein Awareness Team aktiv sein, um eine (möglichst) sichere und diskriminierungsfreie Atmosphäre zu unterstützen.
Betroffene zentrieren
Für uns zählt: Betroffene von Sexismus, Rassismus und anderer gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu unterstützen und in den Mittelpunkt zu stellen.
Dabei ist uns selbstverständlich bewusst, dass auch die Verletzungen thematisiert werden müssen, die durch solche Unterdrückungsformen entstehen und dass mit Täter*innen gearbeitet werden muss, die diese Verletzungen hervorgerufen haben, damit sie lernen und ihr Verhalten ändern können.
Null-Toleranz
Zu keinem Zeitpunkt werden wir sexistisches, rassistisches oder diskriminierendes Verhalten tolerieren.
Stattdessen wollen wir sofort einschreiten und einen safer space gestalten, indem wir die Betroffenen und ihre Bedürfnisse zentrieren. Diskriminierungen entstehen durch Unterdrückung und Sexarbeitenden begegnet Unterdrückung in vielen Aspekten ihres täglichen Lebens. Gerade deswegen wollen wir aktiv einen safer space für die Sex Workers un.conference schaffen.
Ausschluss
Insofern behalten wir uns vor, Personen von der Teilnahme auszuschließen, von denen wir begründeterweise annehmen, dass sie die o.g. Prinzipien nicht respektieren werden, oder die uns in der Vergangenheit durch diskriminierendes Verhalten und/oder einen Mangel an Bereitschaft zur Reflexion und/oder einer Verhaltensänderung aufgefallen sind. Das gilt auch für sexuell belästigendes Verhalten von Angehörigen oder Gästen der Un.Conference. Ausschluss ist unser letztes Mittel.
Manchmal ist es jedoch nötig, Personen auszuschließen, um eine Communitiy als Ganze sicherer zu machen.
Bisher betrifft dies 2 Mitglieder einer großen Sexarbeitendenvertretung, die von der Teilnahme an der Sex Workers un.conference ausgeschlossen wurden.
Das Orga-Team der Sex Workers un.conference umfasst unter anderen mehrere ehemalige Mitglieder dieser Sexarbeitendenvertretung, und die Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit in der Zusammenarbeit mit dieser Organisation gemacht haben, floss in unsere Entscheidung zum Ausschluss der zwei Personen ein. Wir wissen, dass auch die Personen, die wir ausschließen mussten unsere sexarbeitenden Kolleg*innen sind und von einer Teilnahme am Event profitiert hätten, doch ihnen die Teilnahme zu gestatten, hätte das Wohlergehen anderer Teilnehmer*innen gefährdet. Wir hoffen, dass Sexarbeiter*innen, Allies und unterstützende Organisationen unsere Entscheidung diese Personen von der Teilnahme auszuschließen um das Event zu einem safer space für unsere Community zu machen, verstehen und unterstützen
Diese Personen haben in ihrer Sprache und Verhalten marginalisierte Sexarbeitende unangemessen behandelt, diese Vorfälle sind dokumentiert. Eine Person ist laut glaubwürdigen Berichten auf einer vergangenen Veranstaltung einer sexarbeitenden Person gegenüber ungewollt sexuell zudringlich geworden. Da die meisten Teilnehmenden auf der Sex Workers un.conference höchstwahrscheinlich weiblich sein werden, können wir nicht deren Sicherheit aufs Spiel setzen, indem wir diese Person teilnehmen lassen.
Wir heißen andere männliche Sexarbeiter auf unserer Sex Workers un.conference willkommen und hoffen, die besonderen Herausforderungen, denen männlich und männlich-repräsentierende Sexarbeiter gegenüberstehen zu erkennen und gemeinsam zu erforschen.
Diese Vorfälle und die mangelnde Bereitschaft der Sexarbeitendenvertretung der diese Personen angehören, die strukturellen Voraussetzungen dieser Prozesse zu identifizieren und zu beheben, führten und führen zu Konflikten in der Sexarbeitsbewegung. Wir fordern diese Personen und Organisationen eindringlich auf, diese Diskriminierungsvorwürfe zu reflektieren und einen Veränderungsprozess einzuleiten, die Betroffenen zu zentrieren und sich als Organisation zu restrukturieren.
Es macht uns sehr traurig, dass dieser so wichtige Prozess weiterhin durch das Ignorieren der strukturellen Ursachen blockiert wird und stattdessen als „persönlicher Zwist“ geframed wird.
20. September 2021